Bis vor wenigen Jahrzehnten glaubte man, das Gehirn sei nach der Kindheit „eingefroren“: Neuronale Verbindungen bildeten sich in der Jugend und zerfielen wieder. Heute hat die Wissenschaft das Gegenteil bewiesen: Das Gehirn besitzt Neuroplastizität – die Fähigkeit, seine neuronalen Netzwerke als Reaktion auf Erfahrungen, Lernprozesse, Traumata und sogar Gedanken neu zu verdrahten.
Diese Entdeckung hat unser Verständnis von Schlaganfallrehabilitation, Depressionsbehandlung und Lernen im Alter revolutioniert. So können beispielsweise nach einer Schädigung eines Hirnareals andere Bereiche dessen Funktionen übernehmen – bei entsprechender Stimulation.
Neuroplastizität manifestiert sich auf verschiedenen Ebenen: von synaptisch (Stärkung der Verbindungen zwischen Neuronen bei wiederholter Aktivität) bis strukturell (Zunahme des Hippocampusvolumens bei Londoner Taxifahrern, die sich Tausende von Straßenzügen einprägen).
Die wichtigsten Mechanismen sind Langzeitpotenzierung (Stärkung der Synapsen bei häufiger Nutzung) und Neurogenese (Entstehung neuer Neuronen, insbesondere im Hippocampus). Letzteres galt lange Zeit als unmöglich bei Erwachsenen, wurde nun aber beim Menschen bestätigt.
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